Für die Errichtung und den Betrieb von Solar- und Windkraftanlagen ist nicht nur ein langfristiger Nutzungsvertrag erforderlich, sondern auch die Absicherung im Grundbuch durch eine sogenannte beschränkte persönliche Dienstbarkeit. Während der Nutzungsvertrag die Details des Nutzungsverhältnisses regelt, schützt die Dienstbarkeit den Anlagenbetreiber vor Rechten Dritter und der Insolvenz des Grundstückseigentümers. Beides zusammen soll gewährleisten, dass die Anlage über Jahrzehnte auf einem Grundstück betrieben werden kann, das dem Anlagenbetreiber nicht gehört.
In der Praxis als schwierig erwiesen hat sich allerdings, dass Dienstbarkeiten in der Regel nicht übertragbar sind. Dies ist deshalb so problematisch, weil es während der langen Betriebsdauer einer Erzeugungsanlage zu einem Austausch des Anlagenbetreibers kommen kann. So möchte beispielsweise die finanzierende Bank einen neuen Anlagenbetreiber einsetzen können, wenn der Kredit vom bisherigen Anlagenbetreiber nicht mehr bedient wird. Weil die Dienstbarkeit nicht frei übertragbar ist, geht dies jedoch nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers oder über Hilfskonstruktionen durch die Eintragung von sogenannten Vormerkungen im Grundbuch.
Das will die Bundesregierung jetzt ändern.
Mit Beschluss vom 13.09.2023 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der die Übertragung von Dienstbarkeiten ermöglichen soll. In der Gesetzesbegründung weist die Bundesregierung darauf hin, dass „sich die Praxis derzeit mit aufwändigen und komplizierten vertraglichen Ausgestaltungen behelfen“ müsse. „Zur Beförderung der Energiewende“ bestehe daher „ein praktisches Bedürfnis“, die Übertragbarkeit auszuweiten.
Bisher können nämlich nur Dienstbarkeiten für Leitungsrechte ohne gesonderte Zustimmung des Grundstückseigentümers übertragen werden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht zu § 1092 Abs. 3 BGB nunmehr vor, dass künftig auch Dienstbarkeiten für „Anlagen zur Nutzung von Wasserkraft, Windenergie, solarer Strahlungsenergie, Geothermie, Umweltwärme oder Energie aus Biomasse“ sowie für „Anlagen zur elektrochemischen Herstellung von Wasserstoff oder zur Erzeugung von Strom aus Wasserstoff“ übertragbar sein sollen.
Während die Gesetzesinitiative von Banken und Betreibern begrüßt wird – sie erwarten sich erhebliche Erleichterungen für ihr Geschäft –, gibt es aus juristischen Fachkreisen Kritik.
So wird beanstandet, dass der Gesetzentwurf (Batterie-)Speicher nicht ausdrücklich erwähne, ohne die die Energiewende jedoch nicht erfolgreich umgesetzt werden könne.
Unklar sei auch, ob der Begriff „Anlagen zur Nutzung“ die jeweils notwendige Infrastruktur – also insbesondere Umspannwerke, Übergabestationen, Wege, Rotorüberstreich- sowie Abstandsflächen – und schließlich auch Bau- und Beeinträchtigungsverbote, umfasse.
Die härteste Kritik aber richtet sich gegen die Reform selbst: Es wird befürchtet, dass Grundstückseigentümer ihre Flächen gar nicht mehr für Solar- und Windenergie zur Verfügung stellen möchten, wenn die Dienstbarkeit ohne ihre Zustimmung und getrennt vom Nutzungsvertrag übertragbar wäre.
Die Grundstückseigentümer müssten befürchten, keine Vergütung mehr zu erhalten. Auch sei unklar, welche Konsequenzen es habe, wenn es zwei verschiedene Nutzungsberechtigte geben könne, von denen der eine seine Rechte aus dem Nutzungsvertrag herleite und der andere aus der Dienstbarkeit. Erforderlich sei, dass die Grundstückseigentümer die Übertragbarkeit der Dienstbarkeit mit dinglicher Wirkung ausschließen könnten; dies sei im Gesetzentwurf nicht vorgesehen.
Kritiker sehen daher die Gefahr, dass die gesetzliche Neuregelung die Energiewende eher hemmen als befördern könnte. Das Gegenteil von gut ist gut gemeint?
Realistisch ist, dass kommen wird, was das Bundeskabinett am 13.09.2023 beschlossen hat.
Es werden also voraussichtlich die von den Kritikern gewünschten Klarstellungen und Ergänzungen ausbleiben, die dann – wie fast immer – die Rechtsprechung beisteuern muss.
Mit der Übertragbarkeit von Dienstbarkeiten wird manches einfacher werden. Im Einzelfall werden aber neue Probleme zu lösen sein, wenn (rechtlich beratene) Grundstückseigentümer die Bestellung von Dienstbarkeiten verweigern. Abhilfe schaffen kann hier eine entsprechende Gestaltung der Verträge und Dienstbarkeitsurkunden.