Zurück zur Übersicht
17. November 2022

Wettbewerbsverbote – ein Balanceakt

Unternehmen fürchten Konkurrenz. Aber Wettbewerbsverbote schränken den freien Markt ein und sind daher nur in engen Grenzen zulässig.

Drei unerwünschte Situationen:

– Ein angestellter Geschäftsführer baut parallel ein anderes Unternehmen auf und überträgt das Geschäft langsam, um die Unternehmensgewinne später selbst einzufahren.

– Der Mitgesellschafter, der sich bestens mit dem Geschäft auskennt, kündigt die Gesellschaft und erhält eine beträchtliche Abfindung. Danach wirbt er die Angestellten ab.

– Das erfolgreiche Unternehmen wird verkauft, wobei sich im Kaufpreis die zukünftigen Geschäftschancen widerspiegeln. Unmittelbar nach dem Verkauf beginnt der Verkäufer, im Geschäftsgebiet als Mitbewerber aufzutreten.

Wettbewerbsverbote schützen Unternehmen davor, dass Mitarbeiter, Gesellschafter und Verkäufer ihr Geschäft untergraben. Derartige Verbote geraten aber in Konflikt mit der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit und sind deshalb nur unter bestimmten Bedingungen wirksam.

Geschäftsführer haben eine Treuepflicht

Von großer Bedeutung für jede Gesellschaft sind ihre Geschäftsführer, die nicht nur in einer besonderen Beziehung zu den Mitarbeitern stehen, sondern typischerweise auch zu Geschäftspartnern intensiven Kontakt pflegen. Da sie das Unternehmen im Detail kennen, sind sie als Konkurrenten besonders gefährlich.

Während der Laufzeit ihrer Anstellung ergibt sich aus der allgemeinen Treuepflicht das Verbot, im eigenen oder dritten Interesse Wettbewerb zu entwickeln oder Geschäftschancen zu nutzen. Für die Dauer der Bestellung muss das Wettbewerbsverbot daher nicht ausdrücklich geregelt werden.

Aber die Treuepflicht endet mit dem Ende der Anstellung

Anders ist das für den Zeitraum danach. Der Geschäftsführer kann sofort Wettbewerber werden, wenn es kein vertragliches Wettbewerbsverbot gibt.

Ein solches Verbot muss jedoch inhaltlich, zeitlich und räumlich begrenzt sein. Denn der ehemalige Geschäftsführer soll nicht unangemessen in seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigt werden. Zudem ist der Wettstreit um führende Mitarbeiter elementarer Bestandteil des freien Marktes.

Die Beschränkung kann daher üblicherweise maximal für zwei Jahre ab Vertragsende gelten.

Zudem darf das Verbot örtlich nicht weiter greifen als unbedingt nötig. Dort, wo ein Wettbewerb dem betroffenen Unternehmen keinen ernsthaften Nachteil zufügen würde, muss er also möglich bleiben.

Schließlich ist das Verbot inhaltlich zu begrenzen. Das kann über eine Beschreibung der verbotenen Tätigkeiten oder über eine Auflistung verbotener Arbeitgeber geschehen. Die Liste hat den Vorteil, einfach überprüfbar zu sein. Alle nicht erwähnten Unternehmen sind dann allerdings ausgenommen, so dass der Geschäftsführer ein eigenes Konkurrenzunternehmen gründen könnte. Werden bestimmte verbotene Tätigkeiten beschrieben, so ist darauf zu achten, sie hinsichtlich der Branche und konkreten Geschäftstätigkeit eng zu umgrenzen.

In jedem Fall ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer zu entschädigen, wofür die Hälfte des bisherigen Gehalts angemessen ist. Hierbei ist wichtig, der Gesellschaft eine Verzichtsmöglichkeit einzuräumen. So kann die Zahlung der sogenannten Karenzentschädigung vermieden werden, wenn von dem ehemaligen Geschäftsführer tatsächlich keine geschäftliche Gefahr ausgeht. Der Verzicht wird allerdings erst nach einer vertraglich festzulegenden Zeit wirksam, die nicht zu kurz bemessen sein darf. Der ehemalige Geschäftsführer muss sich nämlich beruflich auf den Wegfall des Verbotes (und der Entschädigung) einstellen können. Eine sechsmonatige Verzichtsfrist ist üblich.

Auch Gesellschafter haben eine Treuepflicht

Einige Gesellschafter arbeiten aktiv am Geschäftsmodell des Unternehmens mit. Gerade dann hat das Unternehmen ein Interesse daran, Wettbewerb möglichst zu verhindern – schließlich kann das zu einem Abfluss von Mitarbeitern und Geschäftspartnern oder Know-how führen.

Während der Dauer der Gesellschafterstellung können sich auch hier Grenzen für die Entfaltung von Wettbewerb aus der Treuepflicht ergeben. Das gilt insbesondere für solche Gesellschafter, die besonderen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft haben, beispielsweise die Komplementärin einer Kommanditgesellschaft.

Ein Wettbewerbsverbot aus der Treuepflicht kann aber auch schon dann bestehen, wenn einem Minderheitsgesellschafter im Rahmen von Gesellschaftervereinbarungen bestimmte Sonderrechte (z.B. ein Vetorecht) eingeräumt sind, was bei Finanzinvestoren regelmäßig der Fall ist. Dann ist der Investor also gesondert freizustellen, wenn die Möglichkeit der Investition in weitere branchengleiche Gesellschaften dennoch möglich bleiben soll.

Aber die Treuepflicht ist deutlich schwächer

Zulässig bleibt für bloße Gesellschafter allerdings regelmäßig deutlich mehr als für die Geschäftsführer. Denkbar ist beispielsweise, dass ein Gesellschafter eine weitere Gesellschaft in einer ähnlichen Branche gründet – ein Treuepflichtverstoß wäre erst dann gegeben, wenn dieses Unternehmen das Geschäft der ursprünglichen Gesellschaft unter Ausnutzung gesellschaftsinternen Wissens übernimmt. Das ist ein rechtlicher Graubereich, so dass es ratsam ist, in Gesellschafterverträgen Wettbewerbsverbote ausdrücklich zu regeln.

Auch diese Regelungen dürfen jedoch nicht zu weit gehen. So müssen rein kapitalistische Minderheitsbeteiligungen an Konkurrenzunternehmen erlaubt sein. In Verbindung mit einer beherrschenden Stellung im Konkurrenzunternehmen oder der Kombination mit einer beratenden Funktion ist der Wettbewerb durch einflussreiche Mitgesellschafter aber auch weiterhin verhinderbar.

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote in Gesellschafterverträgen sind – anders als im Falle von Geschäftsführern – nur dann wirksam, wenn die verbliebenen Gesellschafter hierdurch vor einer illoyalen Verwertung der gemeinsam erarbeiteten Erfolge geschützt werden. Weitere Bedingung ist, dass der Gesellschafter erst aufgrund seiner Gesellschafterstellung Kontakte zu Kunden hatte oder wettbewerblich relevantes Wissen erlangt hat.

Auch der Verkäufer eines Unternehmens kann ein gefährlicher Konkurrent sein

Der Käufer eines Unternehmens will nicht durch den Wettbewerb des Verkäufers bedroht werden. Üblich sind daher ein allgemeiner Wettbewerbsschutz oder spezifische Verbote von Kunden- oder Mitarbeiterabwerbung.

Allgemeine Verbote müssen wieder zeitlich, örtlich und inhaltlich bestimmt sein. Mehr als zwei Jahre Beschränkung sind oft unzulässig. Aber auch spezifische Verbotsregeln in Bezug auf Kunden oder Mitarbeiter sollten von vornherein zeitlich und inhaltlich auf das nötige Maß beschränkt werden. Eine Kombination von allgemeinen und speziellen Wettbewerbsverboten ist in vielen Fällen unwirksam.

Kartellrecht

Bei allen Wettbewerbsverboten sind kartellrechtliche Grenzen zu beachten. Verstöße gegen das Kartellrecht können hohe Bußgelder nach sich ziehen. Für kleine und mittlere Unternehmen wird es allerdings regelmäßig am notwendigen Kriterium einer spürbaren Marktbeeinflussung fehlen. Sofern die Beschränkung nicht deutlich über das notwendige Maß hinausgeht, ist sie regelmäßig kartellrechtlich unproblematisch.

Rechtsfolgen von Verstößen

Bei einem Verstoß gegen ein wirksames Wettbewerbsverbot sind Schadensersatz zu zahlen oder die rechtswidrig erzielten Gewinne herauszugeben. Oftmals ist der Anspruch nur mit einer vorgeschalteten Auskunftsklage durchsetzbar. Zudem kann das geschädigte Unternehmen Unterlassung verlangen.

Deutlich effizienter durchzusetzen sind vertraglich festgelegte Rechtsfolgen, zu denen Vertragsstrafen (insbesondere bei Geschäftsführern) und die Einziehung oder Pflichtübertragung der Anteile (bei Gesellschaftern) zählen.

Ist das Wettbewerbsverbot jedoch zu weitgehend, ist die Regelung insgesamt unwirksam, so dass dann der Wettbewerb in den allgemeinen gesetzlichen Grenzen zulässig ist. Zu lange Wettbewerbsverbote werden von den Gerichten jedoch auf die noch zulässige Dauer „zurechtgestutzt“.

Ist das unwirksame Wettbewerbsverbot mit einer Karenzentschädigung verbunden, hat der Vertragspartner typischerweise die Wahl, ob er das Verbot mit der Karenzentschädigung akzeptieren will, oder nicht.

 
Anmelden