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16. Juni 2025

Acker, Sonne, Watt

Agri-Photovoltaik bringt Landwirtschaft und Solarenergie zusammen – und entwickelt sich vom Forschungsthema zum Geschäftsmodell. In diesem Beitrag zeigen wir auf, welche rechtlichen Themen wichtig sind und worauf Landwirte und Betreiber bei der Projektumsetzung achten sollten.

Die Agri-Photovoltaik hat bereits die Gaming-Welt erreicht. In dem Computerspiel „Landwirtschaftssimulator“ können die Spieler semitransparente Solarmodule, hochaufgeständerte Anlagen, 1-Achsen-Tracker und vertikale Konstruktionen mit verschiedenen Anbauarten testen. Das Zusatzmodul für Agri-PV wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und soll zu mehr Verständnis für das Thema beitragen.

Welches Modell passt am besten?

Auch in der realen Welt beginnt jedes Projekt mit der Frage, welche Form von Landwirtschaft mit welcher Anlage kombiniert werden soll.

Grob unterscheiden lassen sich dabei die Art der Aufständerung (hochaufgeständert oder bodennah) und die Nutzung durch Anbaubetrieb oder Tierhaltung.

Beim Anbaubetrieb wird weiter nach Anbauarten unterteilt, z.B. Ackerkulturen, Wirtschaftsgrünland, Weiden, Obstwiesen und Weinanbau. Betreiber und Landwirt entwickeln ein Nutzungskonzept für die ersten drei Jahre oder einen Fruchtfolgezyklus.

Wer spielt welche Rolle?

Drei Akteure sind wichtig: der Landwirt, der Betreiber und der Grundstückseigentümer.

Dann muss entschieden werden, ob ein Dreiparteienvertrag oder getrennte Verträge geschlossen werden sollen.

Oftmals spricht viel für getrennte Verträge: einen Grundstücksnutzungsvertrag zwischen dem Betreiber und dem Grundstückseigentümer, sowie einen Bewirtschaftervertrag zwischen dem Betreiber und dem Landwirt.

Förderkulisse und EEG-Vergütung

Agri-PV-Projekte können staatlich gefördert werden. Zum einen gibt es für Forschungsprojekte spezielle Unterstützung. Zum anderen kann eine Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz infrage kommen. Mit einer Leistung von bis zu 1 Megawatt können Betreiber eine direkte EEG-Förderung erhalten. Beträgt die geplante Leistung mehr als 1 Megawatt und nicht mehr als 20 MW, können sich die Betreiber in einer Ausschreibung der Bundesnetzagentur um eine Förderung bewerben.

Die Höchstgebotsmenge wurde auf 50 MW angehoben, gilt jedoch erst nach der beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission, die nun bereits seit fast einem Jahr auf sich warten lässt.  

Außerdem können Projekte mit einer Höhe von mindestens 2,1 m (bei senkrecht ausgerichteten Solaranlagen mit einer Höhe von mindestens 0,8 m) vorrangig zu anderen Solarprojekten einen Zuschlag bekommen und einen „Technologie-Bonus“ erhalten. Diese Förderung steht ebenfalls noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Kommission.

Technische Standards

Für die Förderung nach dem EEG  muss die Agri-PV-Anlage Anforderungen der Bundesnetzagentur einhalten. Die aktuellen Anforderungen verweisen auf die DIN SPEC 91434 bei landwirtschaftlichem Anbau und die DIN SPEC 91492 bei Tierhaltung (Agri-PV-DIN). Die Agri-PV-DIN enthält in Anhang A eine Vorlage für ein Nutzungskonzept, deren Vorgaben als Checkliste hilfreich sind.

Auf Grundlage des Nutzungskonzepts kann dann ein Bewirtschaftervertrag zwischen dem Landwirt und dem Betreiber entwickelt werden.

Flächenerhalt und Ertragssicherung

Die Agri-PV-DIN legt unter anderem fest, dass der Verlust der landwirtschaftlichen Flächen bei einer bodennahen Aufständerung höchstens 15%, bei einer hochaufgeständerten Anlage höchstens 10% der Gesamtfläche betragen darf.

Auch darf der Ernteertrag durch die Anlage nicht zu stark sinken. Der jährliche Ertrag der Kulturpflanzen muss nach Inbetriebnahme mindestens 66% des Ertrags vor dem Bau betragen – gemessen über drei Jahre oder drei Fruchtfolgen.

Die Verringerung der Erträge kann sich nicht nur aus dem Flächenverlust ergeben, sondern auch aufgrund von Schatten oder der ungleichen Verteilung von Wasser auf den Ernteflächen. Positive Effekte durch die Module, wie der Schutz vor Hagel-, Frost- oder Dürreschäden, werden zunehmend von Landwirten bemerkt und erforscht. Noch ist es jedoch schwer, diese verlässlich zu bemessen.

Wurden die Kulturen vor Errichtung der Anlage noch nicht auf den Flächen angebaut, so werden veröffentlichte Durchschnittserträge herangezogen, z.B. aus Destatis oder den Agrarstatistiken der Bundesländer. Da es an verlässlichen Maßstäben zur genauen Berechnung des Durchschnittsertrags noch fehlt, sollte in der Praxis die Grenze nicht zu knapp angelegt werden.

Regelmäßige Prüfung und Anpassung

Bei der Inbetriebnahme muss der Betreiber gegenüber dem Netzbetreiber nachweisen, dass er den Stand der Technik, insbesondere die Agri-PV-DIN, einhält, etwa durch ein Sachverständigengutachten.

Nach Inbetriebnahme muss der Betreiber die landwirtschaftliche Tätigkeit alle drei Jahre durch eine gutachterliche Bestätigung nachweisen. Dabei wird auch geprüft, ob Landwirt und Betreiber das Nutzungskonzept einhalten. Das Nutzungskonzept kann dann für die nächsten drei Jahre festgelegt und im Rahmen der Agri-PV-DIN angepasst werden.

Bewirtschaftungsentgelte und EU-Förderung

Individuell zwischen den Parteien festzulegen ist das Bewirtschaftungsentgelt. Dabei sind sowohl bisherige Zahlungen des Landwirts an den Grundstückseigentümer also auch Einschränkungen der Nutzung durch die Anlage relevant.

Außerdem muss der Landwirt mögliche Kürzungen der Förderungen nach der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) berücksichtigen. Die bis 2022 diskutierten Unsicherheiten zur Förderfähigkeit bei Agri-PV-Projekten sind durch die Novellierung der GAP-Direktzahlungen-Verordnung behoben worden. Demnach reduzieren sich die Direktzahlungen bei Agri-PV für den Landwirt um bis zu 15%. Für diese Reduzierung möchte der Landwirt vom Betreiber oftmals entschädigt werden.

Agri-PV-Anlagen sind steuerlich dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet. Die Nachteile von Freiflächen-Photovoltaik-Projekten beim Thema Erbschafts- und Schenkungssteuer entfallen daher, wenn die Kriterien der Agri-PV-DIN eingehalten werden.

Für Ernteverluste während des Baus der Anlage vereinbaren die Parteien oftmals eine Entschädigung gemäß den Sätzen der zuständigen Landwirtschaftskammer.

Versicherungen

Sowohl der Betreiber als auch der Landwirt sichern sich über eine Betriebshaftpflichtversicherung ab. Der Betreiber hat in der Regel eine Allgefahrenversicherung, die typische Risiken wie Brand, Blitzschlag, Kurzschluss, Sturm, Frost und Diebstahl abdeckt.

Die Versicherungsbeiträge können höher ausfallen, da sich aus der Kombination von Landwirtschaft und Energiegewinnung ein erhöhtes Schadenrisiko ergibt, z.B. für die Beschädigung der Anlage durch landwirtschaftliche Maschinen oder durch Tiere, soweit diese unter oder neben der Anlage gehalten werden. Der Versicherer bewertet das Risiko individuell, wenn die Anlagenart und landwirtschaftliche Nutzung feststehen.

Schulung und Sicherheit

Wichtig für den sicheren Betrieb: Der Landwirt und seine Angestellten müssen vor Betreten der Anlage zur elektrotechnisch unterwiesenen Person geschult werden.

Dies ergibt sich aus Sicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften. PV-Anlagen sind elektrische Anlagen, die hohe Gleichspannungen führen können. Dies birgt Gefahren wie elektrische Schläge, Lichtbogenbildung und Brandrisiken. Eine elektrotechnisch unterwiesene Person ist jemand, der von einer Elektrofachkraft über mögliche Gefahren im Umgang mit elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln unterrichtet wurde.

Sicherung des landwirtschaftlichen Betriebs

Für den Betreiber muss sichergestellt sein, dass die landwirtschaftliche Nutzung während der Betriebslaufzeit der Anlage fortgesetzt wird. Dies ist Voraussetzung für die EEG-Vergütung. Im landwirtschaftlichen Ein-Personen-Betrieb besteht ein Risiko für das Projekt, wenn der zuständige Landwirt z.B. durch längere Krankheit oder Elternzeit am Betrieb gehindert ist oder sich dazu entschließt, seinen Betrieb aufzugeben.

Manche Landwirte haben Vertretungsregelungen mit anderen Landwirten. Der Betreiber sollte sich darüber schon in der Projektentwicklung informieren.

Eine gute Planung und klare Vereinbarungen zwischen allen Beteiligten sind entscheidend, um in unvorhergesehenen Situationen den Betrieb aufrechtzuerhalten.

Symbiose von Landwirtschaft und Energiegewinnung

Die Agri-Photovoltaik stellt eine innovative Lösung dar, um die Herausforderungen der Energiewende und der nachhaltigen Landnutzung gemeinsam anzugehen. Durch die geschickte Kombination von landwirtschaftlicher Produktion und Solarenergie auf derselben Fläche kann Land effizienter genutzt werden. Gleichzeitig kann die Landwirtschaft vom Schutz durch die PV-Anlage profitieren – etwa vor Hitze, Extremwetter oder übermäßiger Sonneneinstrahlung.

Allerdings erfordern Agri-PV-Projekte eine sorgfältige Planung und enge Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Betreibern. Klare vertragliche Regelungen, die Einhaltung technischer Standards und regelmäßige Überprüfungen sind unerlässlich.

 
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